20130918

Wie man ohne Handy, mobilem Internet und Sprachkenntnisse so klarkommt

Jeden 3. Montag des Septembers ist der Tag der Ehrung des Alters, in Japan ein Feiertag, sodass wir noch nicht zur Uni mussten. Nachdem ich wieder mal mitten in der Nacht aufgewacht war, um meine Balkontür wegen des doch recht geräuschstarken Taifuns zu schließen (Die erste Nacht, in der ich mich getraut habe, die Klimaanlage auszuschalten und die abgekühlte Luft von außen reinzulassen, juhu!) und meine Mückenstiche irgendwie zu beruhigen, schlief ich, bis die anderen mittags an meiner Tür klingelten, um mich zu fragen, ob ich mit in die Innenstadt Nagoyas kommen und ein wenig Kultur erleben möchte. Also setzte ich mich in Bewegung und es ging gleich los. 
Wer mich kennt, weiß, dass ich ohne Essen schnell schlechte Laune bekomme (und ziemlich oft Hunger habe), also mussten wir mir schleunigst was zum Frühstück bzw. den anderen etwas zum Mittagessen finden. Wir kamen schließlich in einem japanischen Ramen-Restaurant (Kulturpunkt 1 abgehakt!) an und bestellten uns eine wunderbar leckere Nudelsuppe. Mit vollem Magen ging es dann mit einigen Zwischenstopps in kleineren Läden (Hui, so viele schöne Sachen, für die ich kein Geld habe :( ) weiter zum Atsuta-Schrein, unserem Tagesziel.
Dort angekommen merkte ich schnell, dass ich wohl besser eine lange Hose hätte anziehen sollen, anscheinend schätzen Insekten, speziell fiese Mücken, meine Nähe sehr. Die haben tatsächlich ihren Rüssel so schnell drin, dass wenn man sie dann mitbekommen und verjagt (oder erschlagen) hat, trotzdem ein riesiger, roter Fleck zurück bleibt. Hach, wie ich diese Tiere doch liebe! Aber an einem religiösen Ort wollte ich doch keine Geschöpfe der Natur verfluchen... Nebenbei trafen wir hier erstmals auf Touristen, wir hatten uns schon gewundert, wo sie blieben. Über den Schrein an sich kann ich leider nicht so viel erzählen, der ist anscheinend nicht auf ausländische Touristen ausgerichtet, also stand nirgends eine Erklärung für irgendwas. Nur unsere Austauschstudentin aus Hong Kong konnte ein wenig etwas erzählen.
Auf dem Rückweg kommt mein persönliches Highlight des Tages, Kulturpunkt Nr. 3: Ein kleiner Laden mit allerhand gebrauchten Büchern und einem unglaublich herzlichen älteren Mann, der von seinen zahlreichen Reisen in Ausland erzählte und bei dem ich meinen allerersten, original-japanischen Manga (btw: Detektiv Conan) gekauft habe. Ich bin ein Freak, ich weiß ^^ Ich werde versuchen, ihn zu lesen, glücklicherweise ist nämlich neben den Kanji für Kinder alles zusätzlich in Hiragana geschrieben.
Der Tag endete dann damit, dass ich wieder mal viel zu viele leckere Sachen kaufte. Ehrlich, Japan ist, was das Essen angeht, mein Verderben. Lecker und leider wirklich teuer, im Vergleich zu Deutschland.

Der Dienstag sollte eigentlich auch entspannt sein, da ich erst um 10 in der Uni sein sollte, um meinen Stundenplan mit den verantwortlichen Professoren abzusprechen. Da ich jedoch morgens unfähig bin, Busfahrpläne ordentlich zu lesen, fuhr mir der, der mich pünktlich zur Uni bringen sollte, direkt vor der Nase weg. An der Bauhaus-Universität wäre das kein Problem, erstens läuft man da, zweitens kommen die Professoren dort selbst zu spät oder sie sind die Unpünktlichkeit des Studenten gewöhnt. Ich wollte es mir jedoch an der fremden Uni nicht gleich verscherzen, also suchte ich nach einer Möglichkeit, Kontakt mit der Uni aufzunehmen, um zu erklären, dass ich einige Minuten später kommen würde. Wie macht man es jedoch, wenn man kein japanisches Handy und mobiles Internet hat? Das Handysystem ist hier sehr seltsam und ziemlich teuer, also weigere ich mich, mir ein neues Kommunikationsgerät zuzulegen. Telefonieren war aber sowieso nicht möglich, da ich keine Nummer hatte. Nächste Möglichkeit: WLAN. Auf der Suche nach einem freien WLAN-Netz stößt man vermeintlich auf viele, diese sind jedoch meist ähnlich den Telekom-Hotspots gesperrt. Möglichkeit 3: Ich frage die nächste Person die ankommt, ob ich ihr Handy benutzen dürfte, um schnell eine E-Mail zu schreiben. Und da sah ich sie schon, die erste Person nach mir an der Bushaltestelle! Mit Smartphone in der Hand! Na gut, es ist keine Besonderheit, ein Smartphone zu haben. Besonders in Japan nicht, wo gefühlt die Hälfte mit iPhones rumläuft. Aber zurück zum Thema: Ich versuchte dem Mädchen verständlich zu machen, dass ich mir ihr Handy kurz ausleihen wolle, um eine E-Mail zu schreiben. Da hier jedoch nur ungefähr jede 20. Person englisch reden kann, hatte ich hier kein Glück. Selbst mit Händen, Füßen, fast vollem Körpereinsatz (ich wollte ihr ja nicht ihr mobiles Telefon aus der Hand reißen) und Wörterbuch verstand sie mich nicht, sodass wir beide aufgaben. Ich werde es aber trotzdem weiterhin ohne Handy versuchen... ^^

Endlich in der Universität mit 15 Minuten Verspätung angekommen durfte ich mir Kurse auswählen, unter denen sich ein architektonisches Projekt befindet, das sich mit komplexen Gebäuden auseinandersetzt, ein Kurs mit japanischer Malerei, ein Adobe Flash-Kurs und ein Kurs, der sich mit Ausmessen beschäftigt. 
Bei japanischer Malerei mache ich mir nicht allzu große Sorgen, was kann ich da groß falsch machen, als den Pinsel falsch herum in die Hand zu nehmen. Das Ausmessen geschieht mit Geräten, die wir lernen, zu bedienen. Der Professor redet anscheinend nur Japanisch, von daher bin ich sehr gespannt, was mich erwartet.
Los ging es jedoch direkt mit dem Flash-Kurs, für den ich einen MacBook der Uni in die Hand gedrückt bekam (Ehrlich, wie viel Geld hat die Uni, dass sie jedes Mal jedem Studenten ein MacBook geben kann?), da ich selbst kein Flash installiert habe. Schicksalhaft wie immer kann natürlich auch dieser Lehrende kein Englisch, aber wird ja nicht so schlimm sein, wenn ich nur auf dem Computer irgendwas machen muss, dachte ich mir. Aber bevor es ans Machen ging, erzählte er über 2 Stunden lang volljapanisch von irgendwas, ich glaube, er hat einige Flash-Seiten vorgestellt, an denen er gearbeitet hat. Und eine seiner Apps, Memory mit den chinesischen Tierkreiszeichen, wo bei jeder aufgedeckten Karte das Tier anfängt, ein Geräusch von sich zu geben. Danach fingen wir an, etwas in dem Programm selbst zu machen. Das wäre einfach gewesen, wenn die englische Version darauf installiert wäre, jedoch ist der Laptop genauso japanisch gewesen wie der Professor. So klickte ich irgendwas nach Anleitung, wo zwar das richtige herauskam, aber was ich genau gemacht habe, weiß ich nicht wirklich. Anhand der Positionen muss ich mir das wohl noch mal anschauen, was ich da fabriziert habe ^^

Heute hatte ich erstmals das Architekturprojekt, bei dem wir aus Papier Formen gebaut haben, ums uns ein wenig hineinzufinden, aber da hier die Professoren Englisch können, müsst ihr leider bei diesem Teil auf peinliche Geschichten meinerseits verzichten. Interessanterweise gibt es hier an der Uni nur insgesamt 70 Architekturstudenten, daher ist das Projekt auch ziemlich wenig besetzt und sogar eher durch die Interiordesign-Studenten aufgefüllt.

Was ich aber heute lustiges festgestellt habe, ist ein Phänomen, von dem ich zwar gelesen habe, aber nicht wahrhaben konnte: Den Japanern ist der Schlaf heilig und zwar egal wo und wann, also weckt man keine Personen, die gerade schlafen, da das ziemlich respektlos wäre. Das heißt, dass Professoren und Lehrer ihre schlafenden Schüler und Studenten nicht wecken. Während der Rest also fleißig am Papier rumschnippelte, schlummerte eine Kommilitonin friedlich vor sich hin und ließ sich von keinem Geräusch stören. Irgendwann wurde sie wach, überprüfte ihr Aussehen im Spiegel und stöckelte auf ihren hinaus. Ich bin mir also noch nicht mal so sicher, ob sie überhaupt zum Kurs gehört oder einfach nur geschlafen hat, wer weiß...

Für heute hab ich nichts mehr zu berichten, aber bleibt dran, es gibt bestimmt noch genug peinliche Geschichten von mir und lustige Geschichten über das japanische Volk zu erzählen!



Frische Zubereitung. Ich liebe einsehbare Küchen!
ESSEN! 
Atsuta-Schrein 
Auf diese Täfelchen werden Wünsche geschrieben. 
Mann des Tages!

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